Die Zeit ist die physikalische Größe, die man heute am genauesten messen kann. Ihre Definition wurde schon 1967 von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, dem nationalen Metrologieinstitut, auf Energieniveaus innerhalb des Cäsiumatoms zurückgeführt:
„Die Sekunde ist das 9 192 631 770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids Cs-133 entsprechenden Strahlung.“[1]
Die Cäsiumatomuhr dient als Deutschlands Zeitstandard und hat eine Ungenauigkeit im Bereich von 10-16. Das entspricht einer Abweichung von wenigen milliardstel Sekunden nach einem Jahr. Doch optische Atomuhren können diesen Wert noch übertreffen. Die genauere Messung der Zeit bietet viele Vorteile z.B. für das auf Satelliten basierende globale Positionsbestimmungssystem (GPS) oder für Glasfaser - Kommunikationssysteme. Außerdem ermöglicht sie die Verifizierung der relativistischen Effekte von Gravitationsfeldern auf die Raumzeit nach Einstein.
Das Projekt „Magnesium“ erforscht verschiedene Aspekte einer optischen Atomuhr basierend auf 24Mg.
Von der Pendeluhr zur Atomuhr
Wie funktionieren Uhren und insbesondere Atomuhren eigentlich? Jede Uhr hat 3 Bestandteile: Einen Oszillator, einen Taktgeber für die Frequenz des Oszillators und ein Uhrwerk, welches die Anzahl der Schwingungen zählt und in eine Zeit umwandelt. Wenn man zum Beispiel eine Pendeluhr betrachtet, ist der Oszillator das Pendel selbst, die Pendellänge bestimmt die Dauer einer Schwingung und am Ende steht ein mechanisches Uhrwerk, welches die Schwingungen zählt und uns sagt, wie spät es ist. Die Zeit wird also über das Zählen von Schwingungen gemessen. Je höher die Frequenz, desto genauer ist die Zeitmessung, weshalb optische Atomuhren viel genauer sind als z.B. die Cäsiumatomuhr.
Der Oszillator der optischen Uhr ist ein Laser, dessen elektromagnetische Welle mit 655,058 646 681 864 1 (± 8,2 Hz) THz schwingt. Die Energie von Photonen dieser Frequenz entspricht der Energiedifferenz des 1So → 3P0 Übergangs im 24Mg Atom, weshalb 24Mg die Photonen absorbieren kann. Wenn nun das Laserlicht auf die Atomwolke gestrahlt wird, kann 24Mg als Taktgeber für die optische Atomuhr verwendet werden: Je genauer die Resonanzfrequenz getroffen wurde, desto mehr Atome werden angeregt. Durch die Detektion des reemittierten Lichtes kann ermittelt werden, wie viele Atome angeregt wurden. Somit kann die Frequenz des Lasers also genau auf die gewünschte Frequenz eingestellt werden. Der weitere Experimentaufbau bildet nun das Uhrwerk: Hier wird die Frequenz des Laserlichts gemessen und daraus die Zeit in Sekunden berechnet.
Präparation der Atome
Bevor dies jedoch möglich ist, muss man die Atome in eine Position bringen, in der die Abfrage stattfinden kann. Bei der Magnesiumuhr werden die Atome dafür in einem eindimensionalen, optischen Gitter gefangen, damit man möglichst lange mit ihnen interagieren kann. Dies ist nur möglich, wenn die Atome besonders langsam sind, also eine besonders niedrige Innere Energie haben. Hierfür werden zunächst die entsprechenden Metallspäne verdampft, um eine Magnesiumgaswolke zu erzeugen. Diese wird dann von 440°C auf 10 μK gekühlt.
Doch wie erreicht man diese Temperaturen? Die Gaswolke wird aus sechs verschiedenen Raumrichtungen mit Laserlicht vier verschiedener Frequenzen bestrahlt. Zusammen mit einem Spulenpaar in Anti-Helmholtzkonfiguration wird so eine magneto-optische Falle erzeugt. Diese fängt die Atomwolke und kühlt sie ab. Die Form des Magnetfeldes zwischen den Spulen ähnelt der Seitenansicht einer Sanduhr. In der Mitte ist es sehr schwach und nach außen hin wird es immer stärker. Dadurch wird die Atomwolke zentriert.
Die Frequenzen der besagten Laser liegen leicht unter verschiedenen Übergangsfrequenzen innerhalb der Magnesium Atome, d.h. das Laserlicht ist "rotverstimmt". Wenn ein Atom ein Photon absorbiert, erhält es damit dessen Impuls. Das Photon wird kurz darauf wieder in eine zufällige Richtung reemittiert und die aufgenommene Energie dadurch wieder abgegeben. Wenn viele Photonen in kurzer Zeit absorbiert und reemittiert werden, gleichen sich die Impulse der Reemission gegenseitig aus und übrig bleibt ein Impuls auf das Atom, der in Richtung des Laserlichts zeigt. Dabei gilt: Je mehr Photonen absorbiert werden, desto größer ist der übertragene Impuls. Die Photonen, die sich entgegengesetzt zu den Atomen bewegen, werden am meisten absorbiert, da der optische Dopplereffekt die Rotverstimmung gerade ausgleicht. Der Impuls der vom Laserlicht auf die Atome übertragen wird zeigt somit immer entgegen ihrer Bewegungsrichtung. So werden die Atome abgebremst, das Gas also abgekühlt. Dieses Verfahren nennt man Laserkühlung.
Ein 60 W Laser erzeugt dann eine Dipolfalle, mit deren Hilfe die kalten Atome in das optische Gitter geladen werden, in welchem die Abfrage mit dem Uhrenlaser stattfinden kann. Das Laserlicht, das das optische Gitter erzeugt, verschiebt allerdings die Energieniveaus der Atome. Damit der Uhrenlaser dennoch auf die richtige Frequenz abgestimmt wird, muss das vom optischen Gitter erzeugte elektromagnetische Feld die Verschiebung der Energieniveaus so ergänzen, dass die Energiedifferenz des Übergangs erhalten bleibt. Dafür muss der Laser, der das optische Gitter erzeugt, eine ganz bestimmte Wellenlänge haben, die "Magische Wellenlänge".
Stabilisierung des Uhrenlasers
Die Stabilität beschreibt zusammen mit der Genauigkeit die Qualität einer Uhr. Um möglichst kleine Frequenzabweichungen des Uhrenlasers zwischen zwei Abfragen zu erreichen, benötigt man unter anderem eine rauscharme Elektronik sowie einen ultrastabilen Resonator. Die Genauigkeit der Länge des für die Magnesium-Atomuhr verwendeten Resonators liegt daher im Picometerbereich, also in der selben Größenordnung wie der Durchmesser eines Atomkerns.
Durch die Stabilisierung des Uhrenlasers auf diesen Resonator wird die Güte der Resonanz erhöht und damit die Linienbreite des Signals verringert, was zudem eine genauere Messung der Frequenz ermöglicht.
Frequenzmessung
Für die Messung der Laserfrequenz bedarf es, da sie so hoch ist, besonderer Methoden. Normalerweise misst man die Energie von Licht mit Hilfe von Photodioden, jedoch können selbst die besten Photodioden „nur“ Frequenzen bis zu mehreren Gigahertz, also Milliarden Hertz messen. Ein Terahertz sind jedoch bereits eine Billion Hertz – die Frequenz des mit mehreren Terahertz schwingenden Oszilators lässt sich mit Photodioden also nicht direkt messen.
Die Lösung des Problems heißt „Frequenzkammgenerator“. Dieser erzeugt in regelmäßigen Abständen mehrere Frequenzen, die mit dem Uhrenlaser überlagert werden. Durch die Überlagerung entstehen Schwebungen im Bereich von einigen Megahertz, die mit Photodioden gemessen werden können. Da man die Abstände der einzelnen Frequenzpeaks kennt, kann man durch die Überlagerung die tatsächliche Übergangsfrequenz berechnen und dies wiederum in ein Zeitsignal umrechnen.
2005 erhielten drei Quantenoptiker den Nobelpreis für Physik unter anderem auch für die Entwicklung der Frequenzkammtechnik. Klicke hier für mehr
Deine Aufgaben
Das gesamte Experiment ist in drei Laboren auf 4 optischen Tischen aufgebaut, die mit Lichtleitkabeln miteinander verbunden sind. Die meisten Schaltungen oder ähnliche kleinere Projekte werden jedoch in der Elektronikwerkstatt vorbereitet. Dort stehen Dir genügend Materialien und Werkzeuge zur Verfügung um die benötigten elektronischen Boxen zu bauen. Bei der Realisierung der meisten Projekte kannst Du frei und selbstständig arbeiten. Natürlich gibt es immer gewisse Anforderungen und Richtlinien, an die Du Dich halten musst, aber solange diese erfüllt sind, kannst Du eigenständig entscheiden, wie du die Aufgabe umsetzt. Bei gegebener Zeit bekommst Du auch Einweisungen in größere Maschinen, wie z.B. die Bohr-, Fräs- und Drehmaschine. Für schwierigere Metallarbeiten kannst Du Dich immer an die Werkstatt im Erdgeschoss wenden und natürlich kannst Du auch bei anderen Problemen immer alle Mitarbeiter/-innen um Hilfe bitten. Von dem Design der Verkleidung, der Platine und des Schaltplans bis hin zur Charakterisierung Deiner Schaltung kannst Du alle Schritte selbst umsetzen. Dazu gehört ebenfalls, sich in verschiedene Betriebssysteme und Programme, z.B. zur Anfertigung von technischen Zeichnungen, zur Berechnung von Messergebnissen oder zur Ansteuerung von verschiedenen Sensoren, einzuarbeiten.
[1] Bureau International des Poids et Mesures (Hrsg.): The International System of Units (SI). 9. ed., 2019.